Die Kunst der Höflichkeit

Pferdegesundheit-Nord

Pferdegesundheit-Nord

Tierheilpraktik für Pferde & gesunderhaltendes Training

Die Kunst der Höflichkeit

Wie höflich bist du zu deinem Pferd?
Bedankst du dich bei deinem Pferd, wenn es dir Platz gemacht oder eine Aufgabe gut ausgeführt hat?
Fragst du dein Pferd, ob du es anfassen darfst, bevor du es berührst?
Schubst du zurück, wenn dein Pferd drängelt?

Ein höflicher, zuvorkommender aber auch klarer und konsequenter Umgang mit Pferden ist sehr wertvoll und wichtig.
In der Welt der Pferde gibt es eine unsichtbare Sprache, die zwischen Mensch und Pferd eine gefühlvolle und harmonische Verbindung schafft – die Sprache der Höflichkeit.
Höflichkeit geht weit über das einfache Training hinaus. Sie basiert auf Grundsätzen wie Verständnis und Respekt, die es möglich machen, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen.

Kunst der Hoeflichkeit

Fotografiert von Holger Schramm

Fotografiert von Holger Schramm

1. Verständnis als Grundlage

Beginnen wir mit echtem Verständnis für unsere Pferde als Grundlage der Höflichkeit. Hierzu zählt das Verständnis für die Natur des Pferdes. Das Pferd ist ein Fluchttier, lebt in einer Herde und kommuniziert über feinste Signale (Körpersprache).
Unsere Pferde verbringen einen Großteil der Zeit, in der sie mit uns zusammen sind damit, herauszufinden was wir eigentlich von ihnen möchten. Die Signale die wir senden sind nicht immer eindeutig, denn oft sagt unser Körper etwas anderes, als wir eigentlich sagen wollen. Um unseren Pferden das Deuten unserer Signale leichter zu machen, sollten wir ein Verständnis dafür entwickeln, wie Pferde untereinander kommunizieren.
Auch sollten wir uns immer wieder selbst hinterfragen: „Stehe ich richtig?“, „Kann mein Pferd die von mir gestellte Aufgabe grade ausführen?“, „Ist es körperlich und mental dazu in der Lage?“ oder „kann es zum Beispiel gar nicht losgehen, weil zwar von hinten getrieben wird, aber wir mit unserem Körper – meist der Schulter – den Weg nach vorn versperren?“.

Es ist notwendig, ein Verständnis dafür zu entwickeln was es bedeutet, als Raubtier (Mensch) mit einem Fluchttier (Pferd) zusammen zu sein, um Reaktionen besser verstehen oder gar vorhersehen zu können (Gefahrenprävention). Es ist wichtig sich damit zu befassen, was diese Gegensätze mental aber auch anatomisch mit sich bringen, wie z.B. das Sehen unserer Pferde. Hierfür wird es einen eigenen Beitrag geben.
Nicht zu vernachlässigen ist auch das Verständnis der artgerechten Haltung von Pferden und den Grundbedürfnissen, die ein Herdentier mit sich bringt.

2. Respektvolle Kommunikation

Höflichkeit erfordert einen respektvollen Umgang und eine respektvolle Kommunikation. Dafür sind klare Signale, die das Pferd verstehen kann, unumgänglich. Wir müssen immer ausreichend Geduld mitbringen, denn Pferde benötigt Zeit, unsere Wünsche zu verstehen, Ideen zu entwickeln und diese zu verarbeiten. Gewalt, übermäßiger Druck, Stress und Ungeduld haben hier keinen Platz. Sie führen nur zu Unwohlsein, Angst und im schlimmsten Fall zu Gefahrensituationen wie z.B. einer Flucht aus der jeweiligen Situation.
Ein häufiges Phänomen, dass im Training am Boden immer wieder beobachtet werden kann ist, dass Menschen, die von ihren Pferden mit der Schulter gedrängelt oder geschubst werden, zurück drängeln oder schubsen. Dies ist aus mehreren Gründen nicht sinnvoll und schon gar nicht nett oder respektvoll. Das Pferd ist ein Fluchttier, welches in einer vermeintlichen Notfallsituation flüchten will und dafür ist die eigene Balance überlebenswichtig (Verständnis – die Natur des Pferdes). Ein Fluchttier durch drängeln oder schubsen aus der Balance und damit in eine Notsituation zu bringen (auch wenn es ggf. nur eine kleine ist), ist respektlos und kann sogar gefährlich werden.
In solchen Situationen wird deutlich, dass an der Höflichkeit auf beiden Seiten – Pferd und Mensch – gearbeitet werden sollte. In diesem Fall insbesondere an dem Thema „Schulterkontrolle“.
Das Schubsen wird keinen positiven Effekt haben und eine harmonische und vertrauensvolle Beziehung aus oben genannten Gründern verhindern.
Wir erwarten von unseren Pferden einen respektvollen Umgang und diesen muss das Pferd auch von uns im gleichen Maße erwarten dürfen.
Um die Höflichkeit und einen respektvollen Umgang zu fördern sollte jede Idee, die das Pferd in unserem Sinne entwickelt, belohnt werden. Natürlich entspricht nicht immer gleich die erste Reaktion der, die von uns gewünscht wurde. Aber es macht doch nur Spaß weiter zu arbeiten, wenn eine gute, fröhliche und positive Grundstimmung vorhanden ist.

3. Fairness und Konsequenz

Höflichkeit erfordert auch Fairness und Konsequenz in unseren Handlungen und Erwartungen. Wir sollten klare Grenzen setzen und diese konsequent wahren.

Woher soll unser Pferd wissen, dass es heute nicht in der Jackentasche nach Leckerlis suchen darf, aber morgen ist es ok, weil es so süß geguckt hat. Ganz klar – dass kann das Pferd nicht wissen. Es ist also nicht konsequent und fair, das Pferd manchmal zu korrigieren und manchmal nicht. Nicht klar gesetzte Grenzen und Erwartungen können zu einem echten Stressfaktor für das Pferd werden. Dieser Stress kann sich in Unwohlsein, Hektik bis hin zu gesundheitlichen Problemen wie Magenschleimhautentzündungen äußern. Nicht jedes Pferd zeig diesen Stress aktiv an, hier gilt es sehr feinfühlig zu sein und ein guter Beobachter zu werden.

Durch eine faire und konsequente Behandlung können wir Vertrauen und eine verlässliche Bindung zu unseren Pferden aufbauen.

4. Achtsamkeit und Empathie

Achtsamkeit und Empathie sind weitere, sehr wichtige Aspekte der Höflichkeit zwischen Mensch und Pferd.
Um achtsam mit unseren Pferden umzugehen, sollten wir auch lernen, mit uns selbst achtsam umzugehen.
Wir sollten uns über unsere Handlungen, Körpersprache und -wahrnehmung, unsere Präsenz, Energie und unsere Launen bewusst werden. All dies wird vom Pferd bis ins Kleinste wahrgenommen.
Ein sehr schöner Spruch besagt: „Das Pferd ist der Spiegel deiner Seele“ und dieser trifft 100% zu.
Das Pferd nimmt nicht nur all die Empfindungen und Launen von uns wahr, sondern reagiert entsprechend darauf.
Es ist wichtig die Bedürfnisse des Pferdes zu erkennen und darauf einzugehen, sei es in Bezug auf die Fütterung, Bewegung oder auch Ruhe. Im Training sollten wir lernen, sowohl mentale als auch körperliche Ermüdungszeichen frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. Auch dies ist für eine vertrauensvolle Beziehung von großer Bedeutung. Das Pferd lernt, dass es nicht überfordert wird, sich auf seinen Menschen verlassen kann und ein positiver Effekt wird sein, dass das Pferd sich noch einmal mehr bemüht und beide – Mensch und Pferd – zufriedener in der gemeinsamen Zeit sind.

Ein weiterer Punkt der Achtsamkeit ist das Anfassen. Nicht jeder Mensch und ganz sicher auch nicht jedes Pferd möchte von jedem einfach so und ohne Vorwarnung angefasst werden. Begrüßt eure Pferde anständig und respektvoll, fragt ob ihr sie berühren dürft, bevor ihr sie anfasst und die Pferde werden euch gewähren lassen.

Für mich ist es ganz wichtig, mich bei dem Pferd zu bedanken, wenn es etwas richtig gemacht  oder mir Platz gemacht hat. Auch am Ende unserer gemeinsamen Zeit bedanke ich mich für diese, aber nicht in Form vieler Leckerlis, sondern mit echten Worten. Das Pferd wird diese wohl nicht verstehen, aber es spürt die Dankbarkeit.

Fazit

Höflichkeit zwischen Mensch und Pferd ist der Schlüssel zu einer erfüllenden und harmonischen Beziehung. Sie erfordert Verständnis, Respekt, klare Kommunikation, Konsequenz, Fairness, Achtsamkeit und Empathie. Wenn wir diese Werte in unsere Interaktionen mit Pferden integrieren, können wir nicht nur ein erfolgreiches Training erreichen, sondern auch eine tiefere Verbindung und ein gegenseitiges Vertrauen aufbauen. Die Kunst der Höflichkeit zwischen Mensch und Pferd ist eine Reise, die Geduld, Hingabe und kontinuierliches Lernen erfordert. Aber sie ist es wert, denn sie öffnet die Tür zu einer Welt der Harmonie und des Verstehens.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner